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MICHAEL VOGELEY

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Mut zum Abenteuer

Trekkingtipps von Frau zu Frau

„Nein, das ist nichts für mich!“… So oder ähnlich lautet die Begründung vieler Frauen, wenn es um Trekkingreisen geht. Ich gehörte auch zu ihnen. An der Schwelle einer lebensverändernden Erfahrung war ich schon über vierzig.

Zum ersten Mal schulterte ich murrend und zweifelnd einen Rucksack und kroch nach der Tour ängstlich in ein Zelt. Ziemlich erschöpft, aber seltsamerweise auch stolz, zog ich den Schlafsack über den Kopf, nicht ahnend, dass dies der Beginn meiner „Trekkingkarriere“ war. Ein Erlebnis, das mein Leben verändern sollte – intensives Naturerleben, Freude an der eigenen Leistung, faszinierende Landschaften, exotische Menschen, den eigenen Körper wieder spüren, Wind, Sonne und Schnee, Kälte und Hitze fühlen.

Ich war ich! Ich hatte meinen Körper bis zur letzten Faser erlebt, die Luft in nie gekannter Würze in die Lungen gesogen und wieder gespürt, dass Hunger und Durst selbstverständliche Teile intensiven Lebens sind. Ich lernte auch, dass nicht ein Hotel oder ein bestimmter Komfort Vorraussetzungen für einen gelungenen Urlaub sind, sondern dass Flexibilität gegenüber Unvorhergesehenem, Offenheit für neue Erfahrungen und Ehrlichkeit sich selbst und seinen Bedürfnissen gegenüber der Schlüssel zum Genuss unkonventioneller Reisen sind. Fassen Sie Mut! Dieser Erfahrungsbericht soll Ihnen helfen.

Nur wer Neues wagt gewinnt! Wandern in der grönländischen Wildnis

Ich bin ein Sonnenmensch, was soll ich im Sommer im eisigen Grönland? Doch ich ließ mich überreden. Nie hätte ich erwartet, was ich beim Helikopteranflug auf die Südspitze der größten Insel der Welt sah: blauer Himmel, glitzerndes Wasser, grünes Gras und bunte Blumen, hohe Gipfel am Horizont und fantastisch geformte Eisberge, die in leuchtender Sonne unter mir segelten.

„Willkommen in der warmen Arktis!“ – Grönland begrüßte mich mit sommerlichen 20 Grad und einer Natur, die in voller Blüte stand. Weglos trekkten wir über üppige Tundrapolster.

Tagelang begegneten wir keiner Menschenseele, trafen auf keine Siedlung. Zum ersten Mal erfuhr ich, was es bedeutet, allein in unberührter Natur und der Wildnis unterwegs zu sein. Als wir nach Tagen einsamer Wanderung schließlich mit Inuit in den heißen Quellen von Unartoq im Angesicht segelnder Eisberge ein Bad nahmen, wurde mir bewusst, dass dies die ungewöhnlichsten, aber auch faszinierensten Sommerferien meines Lebens waren. Und dass Arktis nicht gleichbedeutend ist mit Frieren und Sich-Einsam-Fühlen, sondern eines der letzten Naturparadiese dieser Erde. Eine völlig neue Erfahrung, machbar für jede Frau, die im Sommer statt Sonne und Strand, Natur pur erleben möchte.

Mut zu den Grenzen der eigenen Leidensfähigkeit! Kanutrekking in der Andamanensee

Wir jetteten nach Thailand. Unser Ziel, die Andamanensee, erreichten wir über Phuket, ein überlaufenes Seebad und „Metropole“ des Sextourismus. In der Bucht von Pang Naa verstauten wir Zelt und Proviant im aufblasbaren Kanadier und machten uns auf die Suche nach Natur und Exotik. Zehn Tage Kanutrekking durch die Inselwelt dieser Meeresbucht – das war unser Urlaubsziel.

Die Gegend ist alles andere als menschenleer. Immer wieder begegneten wir freundlichen Thais, die uns neugierig bestaunten. Wir fanden unsere Südseeträume an winzigen Stränden und schlugen unser Zelt vor himmelhohen Felswänden auf. Wenn die Ebbe das Wasser kilometerweit zurückzog, konnten wir ungestört Südseeromantik aus dem Bilderbuch genießen. Viel braucht man in einer solchen Umgebung nicht, um glücklich zu sein.

Mit der Flut kam auch Besuch. Neugierige Seezigeuner steuerten in ihren Longtailbooten unser Biwak an und bestaunten ungläubig unser Gummiboot. Wenn wir auch Fremde waren, so sahen sie uns nicht als Touristen an. Wir waren Besucher und noch ärmer als sie – besaßen wir doch nicht einmal einen Motor für unser Boot. Ich hatte vor allem mit mir selbst zu kämpfen. Im strahlenden Sonnenlicht, umgeben von Felseninseln, die wie ein zu Stein gewordener Traum im Meer unsere Reiseroute bestimmten, konnte ich die Schönheit der Landschaft kaum genießen. Saß ich paddelnd im Boot, hatte ich Angst, wir würden keinen geeigneten Lagerplatz finden.

Inseln gab es genug, aber ihre Strände waren oft zu schmal, um auf ihnen sicher vor der Flut zu sein. Hatten wir einen guten Platz gefunden, so schreckten mich die unbekannten Geräusche des Meeres und des Urwalds. Affen lärmten im Dschungel. Trotz des mich umgebenden Südseeparadieses, war meine Nervenkraft nach acht Tagen erschöpft. Ich schämte mich nicht zu gestehen: „Es reicht!“ Wir kehrten problemlos in die Zivilisation zurück. Jetzt, stressfrei, empfand ich das Außergewöhnliche und Exotische dieser Reise ganz intensiv. Ich fühlte mich nicht überfordert, sondern war stolz, dieses Abenteuer in einer für mich vollkommen neuen Welt bestanden zu haben.

Zunehmende Erfahrung führt zu gesteigerter Genussfähigkeit! Bergsteigen in Patagonien

Neugier und Beharrlichkeit waren es, die mich in das chilenische Seengebiet brachten. Die weiße Schneehaube des exponierten Vulkans Villarica weckte in mir den Wunsch:

Ich will da hinauf! Zum ersten Mal ging ich mit Steigeisen über die vergletscherte Flanke eines aktiven Vulkans. Den ungewohnten Eispickel in der Hand startete ich den mühevollen Anstieg durch Geröll und über eine Gletscherflanke.

Dieser Aufstieg ist kein einsames Erlebnis, sondern eine touristische Attraktion. Bergschulen vor Ort haben die Organisation fest in der Hand und bieten Ausrüstung und Führung an.

Inmitten eines Pulks von Gelegenheitsbergsteigern merkte ich, dass ich erfahrener geworden war. Ich fand beim Aufstieg schnell meinen eigenen Rhythmus und sah mit Genugtuung wie die anfangs wild drauflosstürmenden Jungen plötzlich zurückfielen, manche nicht weiter konnten oder sogar umkehrten. Der Aufstieg lebt von dem Kontrast zwischen Feuer und Eis. Herrlich ist der Blick vom schneebedeckten Firnfeld in das Blau des Himmels, auf das Grün des Villarica-Sees in der Tiefe und auf die schneebedeckten Berge rundum. Unvergesslich bleibt am Gipfel der Blick in die kochende Lava des Kraters. Dieser Trekk war für mich zum ersten Mal, trotz aller Anstrengung, Genuss pur. Jetzt verstand ich die Äußerung einer Trekkerfreundin über ihr schönstes Erlebnis: „Ich fühlte mich, als hätte ich die Welt erobert!“

Leistungsdruck erzeugt Leistungsglück! Langer Marsch auf Baffin Island

Auf gleicher Breite wie Grönland liegt Baffin Island. Sie ist die fünftgrößte Insel der Erde und Anfang Juni noch recht winterlich. Unsere mehrtägige Trekkingtour folgte dem Soper River Valley im Katanillik Park. Dieses Tal ist wegen seines milden Mikroklimas bekannt. In dieser menschenfernen Landschaft stehen die „rescue shelters“ meist eine Tagesetappe auseinander.

Wir saßen bei den letzten Strahlen der untergehenden Sonne vor einer Hütte, aßen eine warme Suppe und planten die nächsten Trekkingtage. Der Platz war friedlich und anheimelnd, der rauschende Fluss im Vollmond eine fantastische Kulisse. Zufrieden kroch ich in den gemütlichen Schlafsack und machte es mir auf der Hüttenbank bequem.

Der nächste Morgen begrüßte uns vielversprechend mit zaghaften Sonnenstrahlen. Zeitig schulterten wir unsere schweren Rucksäcke und starteten unsere Wanderung am Fluss entlang. Karibous waren unsere einzigen Weggefährten.

Obwohl das Gelände eben und ohne besondere Schwierigkeiten war, forderte das Gehen in Gummistiefeln über den weichen Moosboden, der sich wie ein Schwamm mit Wasser vollgesogen hatte, meine ganze Kondition.

Das Wetter verschlechterte sich dramatisch schnell. Bald peitschte ein rauher Wind eisigen Regen über die baumlose Ebene. Zum Rasten duckten wir uns an einer Böschung auf den nassen Boden. Das Wetter wurde garstiger. Während meine eiskalten Finger sich um die stützenden Stöcke krallten, lief mir das Wasser an den Hosenbeinen entlang in die Stiefel und durchnässte meine Füße. Durch den Dauerregen verwandelten sich kleine Weiher in große Seen, „Creeks“ wurden zu reißenden Flüssen. So verlängerte sich unsere geplante Tagesetappe, wie mir schien, ins Unendliche.

Endlich erreichten wir einen verlassenen Lagerplatz der Eskimojäger. Das nächste Dorf, Lake Habour, war noch sieben Tourenstunden entfernt. Unser Zelt war nicht das beste, die Ausrüstung troff. Erschöpft und nahe eines Hypothermia-Schocks blieb nur eine Chance: Wir „biwakierten“ auf dem einzigen trockenen Fleck weit und breit, einem Plumpsklosett-Häuschen. Nie war ein Klo gemütlicher! Zitternd und zähneklappernd trank ich dankbar heiße Suppe mit Pemmikan und schämte mich nicht, dass ich während der letzten Tourenstunden die Tränen der Angst und Erschöpfung nicht hatte zurückhalten können.

Der dicke Daunenschlafsack war kuschelig, und der heiße Mineraldrink wärmte. Ich schlief wie tot bis zum Morgen. Der nächste Tag begrüßte uns trocken. Vor uns lag noch ein stundenlanges, mühsames Bergauf und Bergab, bis wir endlich die ersten Häuser von Lake Harbour erreichten. Bei heißem Kaffee und herrlich-süßem Kuchen resumierte ich: Wieviel näher war ich hier dem Ende meiner inzwischen gesteigerten Leistungsfähigkeit gewesen, als damals in Thailand. Aber: Es steckt vielmehr in einem, als man selbst weiß. Erstaunt realisierte ich, dass ich trotz des lebensbedrohenden Abenteuers stolz und glücklich war.

Gruppe macht stark! Langlauftrekking in Ostgrönland

Bin ich jetzt endlich reif für die Gruppe? Eine Reise des DAV Summit Club an die Ostküste Grönlands, apostrohiert als „Arktisches Wintermärchen“, gab mir Gelegenheit zum Versuch. Zwölf Teilnehmer zwischen achtzehn und achtundsechzig, darunter vier Frauen, begleitet von zwei Führern, drei Hundeschlitten und 36 Huskies, erwarteten etwas ganz Besonderes, Einmaliges.

Ostgrönland ist nach europäischen Maßstäben unendlich einsam. Nur 3000 Menschen leben an einer 2800 Kilometer langen Küste! Schon beim Beladen unseres kleinen Flugzeugs in Island zeigte sich Teamgeist. Alle legten Hand an, eine bezeichnende Geste für eine solche Tour. Kameradschaft ist ebenso wichtig wie Kondition!

Kap Dan empfing uns mit einem milden „pitteraq“, einem Blizzard, der mit 120 Stundenkilometern tobte und uns in eine Hütte verbannte. Am nächsten Tag herrschte strahlendes Wetter. Das fantastische arktische Licht verzauberte die Strenge und Kargheit der Landschaft. Nur das Hecheln der Hunde und das Sirren der Schlittenkufen und der Langlaufski auf dem Eis unterbrachen die glasklare Stille.

Die Exotik solcher Erlebnisse schweißt eine heterogene Gruppe zusammen. Schnell hatten wir Frauen uns zusammengefunden. Kameradschaftlich wurden die wärmenden Hüllen gehalten, wenn wir sie zu speziellen Bedürfnissen abgelegen mussten. Sichtschutz war kein Problem, immer fand sich ein respektabler Eisberg. Raum ist in der kleinsten Hütte. Das „Fangsthus“, eine primitive Jägerhütte, war unsere erste Bleibe, und wir kochten. Es gab weder Alters- noch Klassenunterschiede, es zählte nur das Gemeinschaftserlebnis. Wir Frauen hatten den Vorteil, ein Dach über dem Kopf und eine Holzpritsche unter den Liegematten zu haben. Die Männer übernachteten in Zelten neben den halbwilden Schlittenhunden.

Jeder Trekkingtag war eine körperliche Herausforderung. Wir wurden mehr und mehr zu einer Gemeinschaft, die dennoch den Einzelnen respektierte. Es war, als wenn sich die Harmonie der arktischen Landschaft auf uns übertrug: unser „arktisches Wintermärchen“. Wir erlebten zehn Tage Arktis pur – auf eine kalte Art exotisch. Zwölf Teilnehmer mit völlig unterschiedlichen Fähigkeiten und differierender Kondition erreichten harmonisch das Ziel. Eine starke Gruppe gleicht Stärken und Schwächen des Einzelnen aus.

Man kommt mit weniger aus, als man denkt! Eine allgemeine Erkenntnis

Bei meinen ersten Touren schleppte ich noch Föhn, Rock und Stöckelschuhe mit. Heute weiß ich, dass man auf Trekkingreisen kaum einen Schönheitspreis gewinnen wird und nehme das gelassen und selbstsicher in Kauf. Der Erfolg – und der Genuss (!) – einer Trekkingtour hängt von banaleren Dingen ab. Hier einige weitere Tipps.

Sie haben eine Sorge weniger, wenn Sie ihre „Tage“ verschieben. Medizinische Möglichkeiten gibt es genügend. Der perfekte Ersatz für das oft rare Waschwasser, Seife und Kosmetika kann Babyöl sein. Es gefriert nicht, ist umweltfreundlich, gewichts- und platzsparend – und es macht tatsächlich sauber!

Durchgehende Anzüge oder Hosen mit Trägern sollten wir Frauen den Männern überlassen. Sonst brauchen Sie zur Verrichtung der „natürlichen Bedürfnisse“ wenigstens eine Begleitperson, die assistiert.

Moralisch aufgerüstet und richtig ausgerüstet ist unkonventionelles Reisen für Frauen ein Kinderspiel. Auch unter harten Bedingungen sein wahres Selbst finden. Trekking – auch für uns Frauen ein Erfolgs- und Genussfaktor! Eine Erkenntnis, die die Männer übrigens schon lange für sich entdeckt haben!


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